Ausgangssperren: Sozial ungerecht, unverhältnismäßig, autoritär

Der Hamburger Senat hat heute weiter Maßnahmen vorgestellt, mit denen der Anstieg der Corona-Infektionen unter Kontrolle gebracht werden soll. Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion kritisiert die beschlossenen Ausgangsbeschränkungen: „Es ist unbestritten, dass mit zielgerichteten Maßnahmen der exponentielle Anstieg der Infektionszahlen gestoppt werden muss. Jedoch sind die heute angekündigten Ausgangsbeschränkungen ein drastischer und unverhältnismäßiger Eingriff in die Bewegungsfreiheit, den wir strikt ablehnen. Der Senat hat längst nicht alle milderen und wirksameren Maßnahmen ausgeschöpft. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn das Freizeitverhalten drastisch eingeschränkt wird, während das Arbeitsleben weitgehend unreguliert bleibt. Dabei entstehen die meisten Kontakte, wenn Menschen täglich in überfüllten Bussen und Bahnen zur Arbeit fahren und auf engstem Raum in Werkshallen und Großraumbüros arbeiten müssen. Die Wirtschaft muss endlich in die Pflicht genommen und das Arbeitsleben reguliert werden – mit verpflichtenden Testangeboten, Homeoffice-Pflicht und notfalls dem Herunterfahren von Betrieben, die nicht für die Grundversorgung relevant sind.“

Ausgangsbeschränkungen seien zudem sozial ungerecht. „Es trifft besonders schwer Menschen und Familien, die in beengten Wohnverhältnissen leben und bereits jetzt am meisten unter psychischen Belastungen leiden“,  so Celik. Er kritisiert zudem die stärkere Rolle der Sicherheitsbehörden. „Die Ausgangssperren führen zu einem erheblichen Machtzuwachs bei der Polizei: Wenn bereits die Gewerkschaft der Polizei davon spricht, dass vermehrt Ingewahrsamnahmen erfolgen können, dann müssen die Alarmglocken läuten. Ein autoritäres Krisenmanagement, das immer drastischere Grundrechtseinschränkungen mit stärkeren polizeilichen Maßnahmen durchsetzen will, lehnen wir entschieden ab.“

Sabine Boeddinghaus, Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion kommentiert die neuen Regelungen in Schulen: „In Hamburger Klassenzimmern ist es in den letzten Wochen zu vielen chaotischen Situationen bei Corona-Tests gekommen. Um mehr Sicherheit an Schulen zu schaffen fordern wir: Tests sollten nicht verpflichtend sein – aber nur negativ getestete Schüler:innen und Schulbeschäftigte sollten am Präsenzunterricht teilnehmen können. Dafür braucht es eine Strategie und eine Logistik, die sicherstellt, dass Selbsttests außerhalb der Unterrichtsräume und angeleitet durch ausgebildetes medizinisches Personal durchgeführt werden. Es geht um Kinder – deren individuelle Bedürfnisse müssen bei den Tests berücksichtigt werden!“

Bezogen auf die Maßnahmen bei den Kitas erklärt Boeddinghaus: „Aufgrund der aktuellen Infektionsdynamik können wir die Rückkehr zur Notbetreuung an Kitas nachvollziehen. Eltern brauchen aber mehr Unterstützung: Sie müssen Anspruch auf bezahlten Urlaub bekommen. Kinderkrankentage müssen erheblich hochgesetzt werden. Die Doppelbelastung von häuslicher Betreuung, Homeschooling und Homeoffice muss endlich ein Ende haben!“

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