Am 7. Juni hatte der Gesundheitsausschuss die Vertreter*innen der Volksinitiative gegen den Pflegenotstand zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen. Gleich zu Beginn schilderte Kirsten Rautenstrauch vom Bündnis gegen den Pflegenotstand anhand von Beispielen geschildert, dass die Folgen von Personalmangel und Arbeitsverdichtung menschenunwürdige Pflege und unethische Versorgung sind.
Der Bündnisvertreter Christoph Kranich hielt einen Vortrag über die Ursachen des Pflegenotstands und stellte dar, dass die auf Bundesebene geplanten Personaluntergrenzen nicht bedarfsgerecht sind und keine spürbare Verbesserung in der Pflege bringen werden. Im Gegenteil besteht die Gefahr, dass einzelne Krankenhäuser ihr Personal auf die festgelegten Untergrenzen herabsenken werden.
Zu dieser Einschätzung kommen auch die Gewerkschaft ver.di und viele anderen Organisationen. Deshalb plädierten die Bündnis-Vertreter*innen für eine Lösung auf Landesebene, die mit der PPR (Pflegepersonal-Regelung) eine echte bedarfsgerechte Personalbemessung einführt. Zur Finanzierung schlagen sie die deutliche Erhöhung der Krankenhaus-Investitionsmittel vor, damit die Zweckentfremdung von Finanzmittel für das Personal für bauliche Maßnahmen aufgrund der Unterfinanzierung der Investitionen aufhört und mehr Geld zur Schaffung von Pflegestellen entstehen. Zudem wiesen sie darauf hin, dass nach dem Eckpunktepapier der Bundesregierung jede zusätzliche Pflegestelle und jede zusätzliche Aufstockung vollständig von den Krankenkassen finanziert werden solle
Bei der Befragung der Bündnis-Vertreter*innen sind die Regierungsfraktionen SPD und Bündnis90/Grüne kaum auf die Argumente eingegangen. Auch über die menschenunwürdigen Zustände in den Hamburger Krankenhäusern verloren sie kaum ein Wort. Sie würden zwar die Ziele der Initiative unterstützen, aber nicht den Weg. Sie wollten keine Hamburger „Insellösung“, der Hamburger Haushalt solle nicht belastet werden. Vielmehr müsse der Bundesgesundheitsminister Spahn stärker in die Pflicht genommen werden. Die Gesundheitssenatorin meinte zudem, dass Hamburg die Gesetzgebungskompetenz fehle und stellte verfassungsrechtliche Bedenken an.
Das Gegenteil sei der Fall, entgegneten die Vertreter*innen der Initiative: Hamburg würde mit einer echten Personalbemessung ein Leuchtturm werden und als attraktiver Standort Pflegekräfte ziehen.
Fazit: Der Pflegenotstand könnte in Hamburg erheblich abgemildert werden, wenn der politische Wille da wäre. Die auf der Bundesebene derzeit geplanten Personaluntergrenzen sind hingegen nicht geeignet, den Pflegenotstand zu beenden. Sie sind nicht bedarfsgerecht und kontraproduktiv. Daher wäre ein umgehendes Handeln des Hamburger Senats notwendig. Dafür keine finanziellen Mittel für Investitionen bereitzustellen, ist unverantwortlich. Dank der Steuermehreinnahmen von 1,2 Mrd. Euro allein in diesem Jahr wären die Mittel vorhanden. Insellösungen sind zudem so schlecht nicht: Auch der Hamburger Mindestlohn und die Beihilferegelung zur gesetzlichen Krankenkasse sind zwei gute Beispiele dafür. Statt mit juristischen Mitteln gegen die Initiative vorzugehen, sollte der Senat endlich seine Handlungsspielräume zu nutzen!
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