Anfrage (1) an den Senat zum Todesfall im UKE

Screenshot UKE-Website

Was geschah am Ostersonntag in der Universitätsklinik Eppendorf?

Medien und Augenzeugen berichten, dass ein Patient der Psychiatrie des UKE bei der zwangsweisen Verabreichung von Medikamenten von Security-Kräften der Klinik so massiv und lebensgefährlich verletzt wurde, dass er seitdem auf der Intensivstation im künstlichen Koma liegt. Dieser Vorfall ist für den Patienten und seine Familie eine große Tragödie und wirft viele ungeklärte Fragen auf. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Nach Eingang der vorliegenden Anfrage ist der Patient am 26.04.2019 im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) verstorben. Der Senat bedauert diesen Todesfall und bringt gegenüber der Familie und den Angehörigen des Patienten seine tiefe Anteilnahme zum Ausdruck.

Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ist hinsichtlich des vorgenannten Vorfalls ein Ermittlungsverfahren anhängig. Der Senat sieht daher von der Beantwortung einzelner Fragen ab, soweit sie Gegenstände der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen betreffen. Gleiches gilt, soweit die Beantwortung einzelner Fragen mit Informationen über den Gesundheitszustand des Patienten verbunden wäre. Diese unterliegen der über den Tod des Patienten hinaus geltenden ärztlichen Schweigepflicht, deren Einhaltung durch § 203 StGB strafrechtlich geschützt ist. Dies vorangestellt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften des UKE wie folgt:

  1. Gab es für den Patienten eine richterliche Anordnung, dass dieser zwangsweise in der Psychiatrie verbleiben sollte? Gegebenenfalls wann wurde der Antrag gestellt, wann erreichte der Antrag das Gericht, wann fällte das Gericht einen Beschluss und wann erreichte das UKE der Beschluss und was besagte der Beschluss? (Bitte jeweils Datum und Uhrzeit angeben.)
  2. Gab es für den Patienten eine richterliche Anordnung, dass ihm zwangs-weise Medikamente verabreicht werden sollten? Wann wurde der Antrag gestellt, wann erreichte der Antrag das Gericht, wann fällte das Gericht einen Beschluss und wann erreichte das UKE der Beschluss und was besagte der Beschluss? (Bitte jeweils Datum und Uhrzeit angeben.)
  3. Welche Anweisungen gab es von ärztlicher Seite an das Security-Personal?
  4. War die/der betreffende Arzt/Ärztin gegenüber dem Security-Personal weisungsbefugt?
  5. Waren die/der behandelnde Ärztin/Arzt oder Pflegekräfte zugegen als die Security-Leute den Patienten fixierten?Siehe Vorbemerkung.
  6. Gehört es im UKE zu den regulären Aufgaben von Security-Personal, Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie durchzuführen? Falls nein, in welchen Konstellationen wird das Security-Personal bei der Durchführung von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie hinzugezogen?Zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes gehört auch, in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie des UKE auf deren Anforderung hin bei notwendig werdenden Deeskalierungs- und Sicherungsmaßnahmen zu unterstützen, soweit die erforderlichen Maßnahmen durch das anwesende medizinische Personal allein nicht mehr zu gewährleisten sind. Die Hinzuziehung des Sicherheitsdienstes erfolgt in solchen Situationen aus Gründen der Gefahrenabwehr und zum Schutz von Patienten, Besuchern und Beschäftigten.
  7. Wann und von wem (Personal des UKE, Mitpatienten oder andere) wurde die Polizei alarmiert und wann traf sie vor Ort ein? (Bitte Datum und Uhrzeit angeben.)Die Polizei ist am 21. April 2019 zuerst um 08:49 Uhr durch die Feuerwehr über das Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) informiert und angefordert worden; um 08:51 Uhr ging darüber hinaus ein Anruf einer Privatperson über Notruf in der Polizeieinsatzzentrale ein. Der erste Funkstreifenwagen der Polizei war um 08:54 Uhr am Einsatzort.
  8. Hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen? Wegen welcher Delikte? Lagen Anhaltspunkte für Offizialdelikte vor oder wurde Anzeige erstattet?Die Polizei hat von Amts wegen Ermittlungen wegen des Verdachts eines Körperverletzungsdelikts aufgenommen.
  9. Wie viele Security-Mitarbeiter waren beteiligt und sind sie suspendiert worden? Falls ja: wann genau und für welchen Zeitraum?
  10. Wurde der Patient rechtsmedizinisch untersucht? Falls ja, wann (Datum und Uhrzeit) wurde die Untersuchung durchgeführt und von welcher Institution wurde sie durchgeführt?Siehe Vorbemerkung.
  11. Wann wurden die Angehörigen des Patienten über seinen Zustand
    informiert (Datum und Uhrzeit)?Nach Auskunft der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE wurde eine Angehörige des Patienten dort durch Ärzte der Klinik am 21.04.2019 gegen 17.00 Uhr über den gesundheitlichen Zustand des Patienten informiert. Weitere Gespräche mit Angehörigen des Patienten erfolgten durch Ärzte der Klinik für Intensivmedizin des UKE nach Eintreffen der Angehörigen am späten Abend des 21.04.2019 sowie am Folgetag.
  12. Zeugen berichten, dass das Klinikpersonal die Mitpatienten angewiesen habe, Stillschweigen über ihre Beobachtungen zu bewahren. Ist ein Krankenhaus grundsätzlich dazu befugt, Patienten anzuweisen oder aufzufordern, über bestimmte Sachverhalte Stillschweigen zu bewahren? Falls ja, welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?Nach Auskunft des UKE erfolgte eine Anweisung durch das Klinikpersonal, „Stillschweigen zu bewahren“, zu keinem Zeitpunkt. Das Klinikpersonal ist nicht befugt, eine Anordnung oder Aufforderung zum Stillschweigen gegenüber Patienten auszusprechen.
  13. Bei welchen Hamburger Krankenhäusern ist derzeit Security-Personal im Einsatz, wie viele VZÄ umfasst das Security-Personal und welche Security-Firmen sind jeweils beauftragt beziehungsweise bei welchen Krankenhäusern ist das Security-Personal direkt angestellt? (Bitte einzeln nach Krankenhäusern aufschlüsseln)

    Nähere Angaben (u.a. zu VZÄ) sind den Hamburger Plankrankenhäusern aus Betriebsschutzgründen und zur Wahrung der Geschäftsgeheimnisse nicht möglich.
  14. Auf welcher rechtlichen Grundlage handeln die Security-Mitarbeiter/-innen in welchen Aufgabenbereichen und mit welchen Befugnissen?Die Sicherheitsdienste der Krankenhäuser haben neben der Befugnis zur Ausübung des Hausrechts keine besonderen Befugnisse. Handlungen im Rahmen der allgemeinen Rechtfertigungsgründe, wie z.B. §§ 32, 34 StGB, § 127 StPO, § 16 OWiG, §§ 227, 859, 903, 1004 BGB sind davon ausgenommen.14a. Sind die Security-Mitarbeiter/-innen befugt, Zwangsmaßnahmen in irgendeiner Form zu vollziehen? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage und in welcher Form?Der im UKE eingesetzte Sicherheitsdienst der KLE GmbH ist aufgrund einer Vereinbarung im Namen des UKE befugt, dort das Hausrecht wahrzunehmen und die Einhaltung der Haus- und Geländeordnung zu gewährleisten. Der Sicherheitsdienst ist für den Wach- und Objektschutz zuständig. Darüber hinaus nimmt der Sicherheitsdienst auch Schutzaufgaben in Not- und Gefahrensituationen wahr. Der Sicherheitsdienst hat neben der Befugnis zur Ausübung des Hausrechts keine besonderen Befugnisse, die Beschäftigten des Sicherheitsdienstes handeln im Rahmen der allgemeinen Rechtfertigungsgründe, wie z.B. §§ 32, 34 StGB, § 127 StPO, § 16 OWiG, §§ 227, 859, 903, 1004 BGB.
    Nach Angabe der anderen Plankrankenhäuser sind die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes nicht befugt, Zwangsmaßnahmen anzuwenden.

    14b. Sind die Aufgaben der Security-Mitarbeiter/-innen in allen Krankenhäusern gleich geregelt oder gibt es nachgeordnete Anweisungen der jeweiligen Einrichtungen?

    Eine allgemeine Regelung für Aufgaben von Security-Mitarbeitern in Krankenhäusern ist den zuständigen Behörden nicht bekannt. Die Aufgaben der Sicherheitsdienste in den einzelnen Krankenhäusern unterscheiden sich teilweise, siehe Antwort zu 13.

  15. Wie häufig gab es von 2015 bis April 2019 (Stichtag 25.04.2019) Anzeigen gegen Krankenhaus-Security-Personal und wegen welcher Delikte? Wie viele Verfahren wurden eröffnet, wie viele wurden eingestellt und mit welchem Ergebnis endeten die übrigen Verfahren (zum Beispiel Freispruch oder Verurteilung)?Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden weder von der Polizei noch von der Staatsanwaltschaft Hamburg erhoben. Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Berufe von Tatverdächtigen werden in der PKS nicht erfasst. Zur Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht aller Hand- und Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums bei der Kriminalpolizei erforderlich. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird nicht erfasst, ob ein Verfahren wegen Anzeigen gegen Krankenhaus-Security-Personal geführt wird. Zur Beantwortung müssten sämtliche Akten der Staatsanwaltschaft Hamburg aus dem genannten Zeitraum händisch ausgewertet werden.
    Die Auswertung z.T. mehrerer hunderttausend Vorgänge ist jeweils in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
    Unabhängig hiervon hat das UKE mitgeteilt, von insgesamt vier staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren Kenntnis zu haben, von denen drei sich auf den Vorwurf einer Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit beziehen. Eines dieser drei Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, die zwei weiteren dieser Verfahren wurden eingestellt. Das vierte Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, es bezieht sich nicht auf Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit. Nach Angaben der Asklepios Kliniken Hamburg sind drei Vorfälle bekannt, bei denen Sicherheitsmitarbeiter angezeigt wurden.
  16. Wie viele Vorfälle gab es von 2015 bis April 2019 (Stichtag 25.04.2019) in Hamburger Krankenhäusern, in denen Security-Personal Menschen verletzte und bei wie vielen Fällen mussten die Betreffenden danach ambulant behandelt werden und wie häufig mussten die Betreffenden danach stationär behandelt werden?Das UKE hat mitgeteilt, dass eine Statistik, der die nachgefragten Angaben entnommen werden könnten, in der KLE GmbH und im UKE nicht geführt wird. Zu den von den Asklepios Kliniken Hamburg genannten Fällen liegen Angaben zur etwaigen Behandlungsbedürftigkeit nicht vor. Alle übrigen Plankrankenhäuser haben die Frage nach durch Security-Personal verletzte Menschen verneint.

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